Hallo, aus PAN am 5.12.2007 um 22.30 Uhr


Erfahrungsbericht einer Ausstellung
Nachdem ich gerade den Eintrag in das Gästebuch euerer Internetseite
„hinter mich gebracht" habe (denn in ein Gästebuch hab ich noch nie
geschrieben!), hängen meine Gedanken immer noch an euerer
Ausstellung hier in Pfarrkirchen. Warum verfolgt sie mich immer noch?
Gut, dass ich kurz in die Homepage www.STEPHANundVERENA.de geklickt
habe. Antwort:
Klafkis Didaktische Analyse muss es sein! Im Laufe des Grundschulstudiums
hab ich doch irgendwann (vor 15 Jahren) davon gehört.
Die Gute Ute: Exemplarizität in ihrer reinsten Form, kann ich da nur
sagen. Exemplarischer kann es wohl nicht sein! Und dann auch noch
im Schaufenster eines alten Milchladens. War das wirklich ein
Milchladen? Ich wusste es nicht. Das Abenteuer beginnt aber nicht bei
unserer guten Ute oder den drei anderen Gefährten (Die Gang),
sondern bei den ausgelaufenen Milch-Tetrapacks, die mich in die
Ausstellung „hineinreißen". (War ich als zurückhaltender Niederbayer
sowieso unsicher, ob ich da hingehen soll.) So bin ich nun grad mal
reingekommen, muss ich schon aufpassen, weil es frisch gestrichen ist!
Ein ungewöhnlicher Einstieg, denk ich mir, das kann ja interessant
werden! Gegenwartsbezug! Na klar: Kuheuter an der Wand und ohne
Kuh, denn die ist ja nicht wichtig, nur der Output zählt und der landet im
Tetrapack. Die Message ist angekommen, beschließe ich bei mir selbst
und denke an meinen Kleinsten, der mit seinen 18 Monaten auch noch
keine Kuh live gesehen hat. Vielleicht sollte ich ihm das Bild von der
guten Ute zeigen, damit er außer der Kuh auf dem Jogurteimer auch
mal eine andere sieht? So viel zu Klafkis Zukunftsbezug. Spaß beiseite,
natürlich kann sich jeder in Pfarrkirchen mit bäuerlichen Dingen
identifizieren. Die meisten haben Großeltern, die in der Landwirtschaft
tätig waren. Was also den ersten Raum der Ausstellung betrifft: man
fühlt sich zu Hause.
Weiter geht's über die erste Türschwelle, über die ich zum Glück nicht
gestolpert bin. (Man will ja auch nicht auffallen, wie die Frau, die in die
„Frisch-gestrichen-Tetrapacks" gestiegen ist.) So ist also nach der
ersten Türschwelle auch die erste Hemmschwelle überwunden und ich
lasse mich auf das nächste Bild ein:

Sulky. Aha. Pferde! Klar! Der Stolz kommt ein wenig durch.
Pfarrkirchen als Ross-Stadt. Und natürlich unsere tolle Pferderennbahn.
Man könnte kurz mal in die Vergangenheit abschweifen und sich
vorstellen, dass das Pferd tatsächlich mal das Stadtbild von
Pfarrkirchen prägte... Kuh und Pferd, sinniere ich so vor mich hin,
da haben die Künstler den Kern getroffen. Didaktische Analyse perfekt!
Die Spannung steigt beim nächsten Raum:
Schließlich werde ich als Besucher der Ausstellung beim Blick auf die
Blaue Rott wirklich „da abgeholt, wo ich stehe bzw. lebe". Wissen wir
doch alle in Pfarrkirchen, dass sie nicht mehr blau ist und dass man
darin baden konnte, ist lange her. Der blaue Raum weckt schnell den
Wunsch: Ach möge unsere Rott wieder blau und sauber sein! Für gutes
Obst braucht es schließlich auch sauberes Wasser. Und schon hat
mich das schlechte Gewissen gepackt. Ist wohl so gewollt?
Umweltschutz?! Denkimpulse! Der Blick auf die Zukunft: gelungen! Die
Rott exemplarisch für eine der vielen Umweltsünden, eingebettet im
globalen Zusammenhang. Die erschließende Wirkung, wie es unser
Herr Klafki immer forderte, ist angekommen!
Ich überschreite erwartungsvoll die nächste Schwelle.
Porträts! Das bindet einen noch mehr ein! Ein Erlebnisparkur: Die kenn
ich und den da auch. Emotional mittendrin! „Vielen Dank" an die
Künstler, schießt es mir durch den Kopf, dass ich das nicht vergesse zu
sagen, wenn ich wieder rausgehe. Übrigens wieder ein Raum mit tollen
Ideen: Kleine Schuhbilder, Spiegel für die Schuhe (und vielleicht auch
für die Seele?). Echt kreativ.
Angetan von all den Zeitungsausschnitten, die ich selber auch
immer sammle, um später meinen Kindern sagen zu können...
(hoffentlich interessiert die das später mal!) , schaue ich an den
Arkaden vorbei und auf das nächste Bild. Leichtes Entsetzen macht
sich breit: Unser Wimmer-Ross, enttrohnt von einem Rottweiler! Das
Herzstück von Pfarrkirchen! Provokation geglückt. Entsetzt sein schickt
sich nicht, rede ich mir ein, weil wir schließlich froh sind, endlich mal so
eine Ausstellung in Pfarrkirchen erleben zu dürfen. Schnell bin ich
wieder versöhnt und bin schon dabei ein Resümee zu ziehen, als ich
die Kirchmusik wahrnehme. Mein Gehörsinn sollte sich auch noch
beteiligen dürfen? Gerne!
Darf die Türe wirklich geöffnet werden? Handelt es sich nicht doch um
einen privaten Raum? Verstohlen lese ich im Ausstellungskatalog
nach. Schließlich fehlt noch das Gartlbergbild, das ich schon vor Tagen
im Schaufenster gesehen habe, als es zum Trocknen dort hing. Wahr-scheinlich
der krönende Abschluss, denke ich und erwarte angesichts
meiner bisher eh schon großen Begeisterung keine Steigerung mehr.
Die Türe darf aufgemacht werden und fällt auch gleich wieder zu, was
mir ein etwas unheimliches Gefühl gibt (ich befinde mich jetzt allein bei
Kirchenmusik in diesen alten Räumen ). Aber schließlich kann ich die
zwei Bilder von „meiner" Gartlbergkirche in Ruhe ansehen. Toll gemalt!
Emotional „mit allen Sinnen" sowieso durch Weihrauch, Kirchenmusik
und schumriges Licht berührt, kommt mir schließlich der Gedanke, dass
meine Eltern, Großeltern, Schwiegereltern und ich selbst dort geheiratet
haben. Jetzt nur nicht sentimental werden! Aber was mit den eigenen
Erfahrungen zu tun hat, berührt einen nun mal, rechtfertige ich meine
Melancholie.
Der Raum in dem letztlich die Verschwörung stattfindet, führt eine Stufe
hinunter und lässt einen von unten zu den Stufen der Kirche
hinaufblicken. Die Herbstblätter, die hier den gesamten Boden
„unterhalb der Kirche" bedecken, tun ihr übriges, dass das Bild
lebendig wird.
Meine Augen bleiben noch an den Klingelbeutel-Plastikbechern
hängen, auf denen mir wohl vertraute Namen aus Pfarrkirchen stehen.
Meine geweckte Melancholie wird von einem Schmunzeln abgelöst und
ich begebe mich Richtung Ausgang zurück.
„Danke, schee war's", sage ich beim Rausgehen und komme ein paar
Tage später mit meinen Kindern wieder.
Frohe Weihnachten
wünscht euch
Christiane Veith mit Anhang